140 Seiten Tipps für Menschen in den Wissenschaften und Analphabeten
„Lesen im Web ist anders“, schreiben Michael Sonnabend und Susanne Weiss. Bildschirmtexte lese man 25 Prozent langsamer als gedruckten Text. Sind die Texte im Internet deshalb so kurz? Wurde Twitter erfunden, um mit 140 Zeichen je Nachricht den langsameren Onlinelesern das Leben zu erleichtern?
140 Seiten hat das Buch „Schreiben, Bloggen. Präsentieren. Wege der Wissenschaft in die Welt.“ wohl nicht ganz zufällig. Schwafelkiller.com heißt die Webseite zum Buch. Autor und Autorin kombinieren in beiden heftige Kritik mit grundlegenden Schreibübungen (mit der Hand!) – dazu Anekdoten, Übertreibungen, lockere Tipps und: sehr ernst gemeinte Ratschläge, Listen und Textbeispiele, die dabei helfen können, die eigene Schreibe immer neu zu hinterfragen. Böse Geister belagern die Wege der Wissenschaft in die Gesellschaft: Internetskepsis, akademische Selbstgespräche, 1000seitige Dissertationen, Power-Point-Engineering, Phrasendrescherei und eine Sprache, die ausschließt statt Neugier zu wecken.
Sonnabend und Weiß geht es um nichts Geringeres als den guten Ruf! Den guten Ruf von Forscherinnen und Forschern – wie auch den der Wissenschaften insgesamt. Wissenschaft, die sich nicht verständlich machen will oder kann, hat mehr zu verlieren als einen guten Ruf: Unterstützung der Politik und der Bürgergesellschaft und Geld. Dort hört der Spaß bekanntlich auf. Die Frage „Privatsache? Grundsicherung? Freier Markt? Wer bezahlt die Wissenschaft?“ ist deshalb auch Titel der Podiumsdiskussion am Sonntag der GDNÄ-Versammlung.
Michael Sonnabend und Susanne Weiss folgern im Nachwort: „Klares verständliches Sprechen und Schreiben sind eine Frage der Demokratie.“ Das rote Büchlein ist eine Reputationswerkstatt, steht auf dem Deckel. Es lässt sich aber auch als Manifest lesen.
Dieser Buchtipp erschien zuerst am 30. August 2012 im Weblog der 127. Versammlung der GDNÄ.