Der Lehrer als Heimatforscher.
Von Studienrat Dr. Otto Dibbelt, Kolberg
Im Jahre 1921 richtete Dr. Hans Lamer an eine Reihe von hervorragenden Staatsmännern, Gelehrten, Künstlern, Großkaufleuten und Technikern die Anfrage: „Inwiefern kann die deutsche Schule zur Erhaltung und Weiterbildung der geistigen und wirtschaftlichen Kultur Deutschlands beitragen?“ In einem schmalen Büchlein hat der Leipziger Verlag Quelle und Meyer die eingegangenen Antworten herausgegeben. Da ist es überaus bedeutsam für die immer noch geltende Vorherrschaft des Intellektualismus, daß der Geologe Joh. Walther der einzige unter den führenden Männern ist, der die Forderung nach eigener Beobachtung erhebt und dem Verlangen
Ausdruck gibt, daß nicht das Buch, sondern das Leben, nicht das Ohr, sondern das eigene Auge unser Führer sein soll. „So muß der Unterricht von der Universität bis zur Volksschule auf Eigenbeobachtung des Schülers begründet werden. Was der angehende Theologe oder Psychologe, der Jurist als Kenner des öffentlichen Lebens, der Arzt als Naturbeobachter, der Lehrer als vielseitiger und weitherziger Pädagoge sich innerlich zu eigen gemacht hat, das wird er in seinem Beruf am erfolgreichsten verwerten.“ Der Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung ist in den Richtlinien zur Aufstellung von Lehrplänen für die vier oberen Jahrgänge der Volksschule diesem Gedanken nachgegangen, wenn er fordert: „Die Mitarbeit der Schüler darf nicht in der Hauptsache im Aufnehmen der Bildungsstoffe bestehen, sondern die Unterrichtsergebnisse sind unter Führung des Lehrers auf dem Wege der Beobachtung, des Versuchs, des Schließens, des Forschens zu erarbeiten“ und an einer andern Stelle: Kinder sind anzuleiten, die Dinge, das Leben und die Vorgänge in der Natur zu beobachten und zu beurteilen.“ Wo aber können diese Dinge, das Leben und die Vorgänge in der Natur anders beobachtet werden als im eigenen Heim, im Garten, auf dem Felde, der Wiese und im Walde, mit einem Wort, in der Heimat. In innigster Beziehung mit den Richtlinien stehen die Leitsätze des Reichsschulausschusses
vom April 1922 über Schule und Heimat, wenn es dort heißt: „Die Lehrer sind mit der Heimaterkundung und Heimatforschung durch wissenschaftliche Einrichtungen vertraut
zu machen.“
Will also der Lehrer seiner Aufgabe gerecht werden, muß er sich der Heimatforschung zuwenden. Diesterweg hat das Wort geprägt, jeder Lehrer ein Naturforscher. Da aber
die Naturkunde in erster Linie Heimatkunde ist, gilt das Wort:
„Jeder Lehrer ein Heimatforscher.“ Weiterlesen